Fragen der Ehre und des guten Geschmacks

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Es gab Zeiten, und die sind noch gar nicht so lange her, da lernte man die hohe Kunst der Diplomatie auf eigens eingerichteten Hochschulen. Meist war es ein Zweitstudium, dem in der Regel ein Studium der Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften voraus gegangen war. Auch Historiker oder Politikwissenschaftler hatten eine gute Ausgangsbasis.

Nachdem der Botschafter der ranghöchste Vertreter seines Heimatlandes in einem anderen Staat ist, müssen ihm religiöse und kulturelle Gepflogenheiten seines Gastlandes bei Dienstbeginn zumindest rudimentär vertraut sein. Sicherheit auf dem gesellschaftlichen und diplomatischen Parkett kann man nicht wirklich erlernen, sie ist eine Frage des Charakters, die sich im Laufe der Zeit herausbilden muss. Dazu dienen die diplomatischen Lehrjahre, in denen der potenzielle Botschafter noch weitgehend in der zweiten Reihe auftritt.

Wer schon einem bei einem der obligatorischen Neujahrsempfänge des diplomatischen Corps bei einem Staatspräsidenten oder Ministerpräsidenten von Dienst wegen anwesend sein durfte oder musste, der kennt das Zeremoniell: Die Herren im Stresemann oder Cut, die Damen im kleinen Schwarzen, alternativ gilt die Landestracht für beide Geschlechter, der Klerus ist vertreten in Schwarz, aufgemaschelt mit dem jeweils angesagten Violett Ton, das Militär trägt zum Feldgrau die bunten Orden oder Ordensspangen, um doch auch nach was auszusehen.

Wer da dabei ist, der hat es geschafft, der darf sein Land in der ersten Reihe vertreten!

Es gibt im Leben des Botschafters Einsatzorte, die heiß begehrt sind und solche, die man entweder akzeptiert, weil man eine persönliche Nahebeziehung zu diesem Land hat, oder weil man sich davon einen Karrieresprung erhofft.

Der Iran war sicher in den letzten Jahren kein angesagter Wunschort. Trotzdem hat es der Schweizer Botschafter, der dort auch die Agenden der USA wahrnimmt, die keine eigene Vertretung in der Islamischen Republik Iran unterhält, verstanden sich dort Freunde zu machen.

Giulio Haas, seit 2013 in Teheran akkreditiert, begann seine Arbeit beim Schweizer Außenministerium 1988. Bevor er nach Teheran ging, arbeitete er fünf Jahre bei einer Schweizer Bank. Zuvor hatte er diverse Positionen im diplomatischen Dienst der Schweiz weltweit inne.

Auf der Homepage der Botschaft findet sich ein nahezu euphorischer Text zur traditionell guten Beziehung zwischen der Schweiz und dem Iran.

„Die historischen Verbindungen zwischen der Schweiz und dem Iran reichen bis in das 17. Jahrhundert zurück, als Schweizer Uhrmacher nach Persien emigrierten. Die beiden Nationen unterzeichneten 1873 ihren ersten Vertrag, ein „Goodwill“ und Handelsabkommen. Seither basieren die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Iran auf einer gemeinsamen, geteilten Beziehung, die getragen ist von gegenseitigem Respekt.“

Nun ja, das mag für alte Verträge, für alte Beziehungen gegolten haben. Für ganze alte!

Im Jahr 2008, Giulio Haas lag noch in den diplomatischen Windeln, reiste eine andere Vertreterin der Schweizer Eidgenossen nach Teheran: Die damalige Außenministerin Madame Micheline Calmy Rey. Ob der anlässlich ihres Besuches ausgehandelte Gas Deal zwischen der iranischen Gas Export Gesellschaft und der lokalen Schweizer Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg über 5.5 Milliarden Kubikmeter Gas jährlich nun wirklich ein diplomatischer oder wirtschaftlicher Erfolg waren, sei dahingestellt.

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Ihr anbiederndes Lächeln unter dem weißen Kopftuch war sicher das falsche Signal in die falsche Richtung.

Der derzeitige (unglaublicherweise noch nicht in abberufene) Botschafter der Schweiz im Iran besuchte vor zwei Tagen, am Donnerstag in einem Zürcher Hotel eine Veranstaltung an der ca. 500 Schweizer Unternehmer teilnahmen.

Zu einer Karikatur, wie sie geschmackloser nicht sein kann und die großflächig projiziert wurde, sagte er: „Dieses Bild zeigt, dass jetzt der Zeitpunkt ist, den Markt zu sondieren.“

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Des Weiteren sagte er, der Iran sei ein „Anker der Stabilität in einer sehr, sehr unsicheren Region.“

Sobald die Wirtschaftssanktionen durch die blauäugig-naiven westlichen Regierungen wirklich gelockert werden, wobei einige Staaten in vorauseilendem Gehorsam schon damit begonnen haben, verspricht man sich einen Boom an Handelsgeschäften mit dem Ajatollah Staat. Da ist es durchaus zu verstehen, dass jedes Land seine große Portion an Wirtschaftswachstum sichern will.

Und so pilgern sie derzeit alle nach Osten, die Kanzlerin, die Präsidenten, die Handels-, Wirtschafts- und Außenminister, vielleicht hätte eine Gruppenreise für alle Interessierten die Kosten deutlich gesenkt und die Verhandlungen spannender gemacht. Denn so wird jedem Alles versprochen werden, und wenn es dann eben nachher ganz anders ist, so ist das für die Obermullahs kein Problem: Jeder mit einem „Ungläubigen“ abgeschlossene Vertrag kann jederzeit wieder einseitig gelöst werden. Schon der bedeutende Philosoph al-Ghazālī schrieb dazu:

Wisse, dass die Lüge in sich nicht falsch ist. Wenn eine Lüge der einzige Weg ist, ein gutes Ergebnis zu erzielen, ist sie erlaubt. Daher müssen wir lügen, wenn die Wahrheit zu einem unangenehmen Ergebnis führt.“

Übrigens, meine Interpretation der infamen Zeichnung: Die USA und der Iran sind gleichwertige Partner, die in einer gemeinsamen Aktion Israel auf den Kopf scheissen. Soweit mag ich mit meiner Kritik am Iran aber gar nicht gehen, ich sehe ihn keinesfalls als gleichwertigen Partner der USA an und ich sehe in den USA keinen Feind Israels. Und, ganz wichtig, ich sehe in unserem PM, Benjamin Netanyahu niemanden, mit dem man einfach so „seine Spielchen“ macht.

© esther scheiner, Israel

3 Kommentare

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3 Antworten zu “Fragen der Ehre und des guten Geschmacks

  1. Béatrice Bisang

    Ich kann es nur immer wieder betonen: Mistet das EDA endlich aus!
    Ganz offensichtlich wird dieses Departement von charakterlich und fachlich minderbemittelten Leuten dominiert.

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  2. Einfach nur bitter und als Schweizer kann man sich nur noch ärgern und schämen.

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  3. Wer so etwas zeichnet ist nicht mehr wert als die Vogel-
    sch*** die er auf Netanyahus Kopf fliessen lässt. Und der Herr Botschafter noch viel weniger. EDA soll sich tiefrot schämen, dass es solche Mitarbeiter hat.
    lg
    caruso

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