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Feeding the Planet, Energy for Life
Unter diesem ambitionierten Motto steht die EXPO 2015, die noch bis Ende Oktober 2015 in Mailand stattfindet.
Knapp 60 Staaten nahmen die Einladung an, auf dem mehr als 11km2 großen Gelände einen eigenen, individuell zu gestaltenden Pavillon zu errichten. Insgesamt sind 145 Staaten vertreten.
Die UN war mit 18 Kleininstallationen zugegen, der Vatikan präsentierte diesmal nicht die „Pietà“ von Michelangelo, wie 1964 in New York, sondern „Das letzte Abendmahl“ von Jacopo Tintoretto. Hier wird wohl versucht, die Brücke zwischen geistiger Nahrung und lebensnotwendiger Ernährung zu schlagen.
Großsponsoren wie Coca Cola, San Pellegrino, Technogym, Birra Moretti, Alglida Eiscreme, Lavazza, Ferrero und McDonalds sind an prominenten Orten ebenfalls gut vertreten. In wieweit sich diese Lifestyle Produkte in das Thema der Ausstellung einpassen, ist nicht ganz erklärbar, aber, bezogen auf die Menge der Besucher, die gerade von diesen angezogen werden, treffen sie zumindest den Publikumsgeschmack.
Erstmals sind auch NGO’s vertreten, die sich dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben haben. Dass sich auch einige, in meinen Augen, wegen ihrer notorischen antisemitischen und antiisraelischen Gesinnung schwarze Schafe, (Oxfam, Caritas), dazwischen gemogelt habe, darf den Veranstaltern nicht angelastet werden.
Die Grundfläche der EXPO erinnert mich an einen großen Fisch. Sein gesamter Körper wird vom 1,7 km langen „Decumanus“ (Querachse) durchmessen. Eine Besonderheit, die die Besucher vor allem während der lang anhaltenden Hitzewelle geschätzt haben dürften, ist seine völlige Beschattung mit großen, wie Schuppen übereinanderliegenden Segeln. Die Segel garantieren einen leichten, gleichmäßigen Luftzug und bieten Schutz vor leichtem Regen. Entlang dieser Achse stehen die Pavillons. Die Frontlänge ist für alle gleich, die Unterschiede liegen einzig in der Tiefe der Gebäude.
Von der „Lake Arena“, der größten der Erholungszonen aus führt der „Cardo“ (Längsachse) nach Süden. Der Kreuzungspunkt, in der klassischen römischen Architektur immer der Mittelpunkt der Stadt, bildet auch hier das lebhafte Zentrum des Ausstellungsgeländes. Von hier aus ist der Überblick über die „Straße der Nationen“ möglich, Flaggen markieren die Standorte der einzelnen Pavillons.
Wer viel sehen will, muss nicht nur früh kommen, sondern auch seinen Besuchsplan entsprechend organisieren. Wer unmittelbar bei der Öffnung der Messe um 10 Uhr anwesend ist, schafft es vielleicht noch, ein bis zwei der begehrtesten Pavillons, ohne Wartezeit zu besuchen. Danach muss man sich zwischen 20 Minuten und 2 Stunden gedulden …. Wer nur einen Tag zum Besuch der Messe eingeplant hat, muss klare Präferenzen haben.
In unmittelbarer Nähe des Osteingangs haben die Dürrezonen der Welt – entsprechend den Vorstellungen der Organisatoren – ihren Platz gefunden. An nicht gerade besonders prominenter Stelle präsentieren sich u. a. Jordanien, Mauretanien, Somalia und Palästina. Verglichen mit der Expo 2000 in Hannover sind die heurigen Präsentationen leider nur ein armseliger Abklatsch dessen, was dort gezeigt wurde.
Palästina bietet eine Miniausstellung zum Land und eine etwas grössere Verkaufsausstellung an. Während die zum Verkauf angebotenen Produkte immerhin authentisch sind, strotzen die Bilder, die die Präsentation unterstützen sollen, vor Propagandalügen und Geschichtsklitterung. Am augenfälligsten wird dies bei einer Karte „Palästina vor 1948“, die das heutige Staatgebiet von Israel plus Gaza und dem WJL abbildet und die die angeblich lokaltypischen Trachten in den einzelnen Siedlungen zeigt, die „Palestinian traditional costumes map“. Jordanien und Ägypten liegen zwar auf dieser Karte außerhalb der Grenzen des angeblichen Palästinas, gehören aber doch irgendwie dazu. Verlogene Welt. Diese Karte, hübsch bunt und an prominenter Stelle aufgehängt, ist ein Publikumsmagnet, beweist sie doch dem naiven Betrachter, dass das, was die Palästinenser immer behaupten, der Wahrheit entspricht. 1948 war, so der Anschein, der geweckt werden soll, das ganze Gebiet des heutigen Israels, Gaza und WJL ausschließlich von palästinensischen Clans besiedelt. Wer eine aktuelle klimatische und topografische Karte vor Augen hat, der weiss, dass der Großteil des Gebietes auch heute noch Wüste ist und damals, ohne die heutigen Technologien, bestenfalls von Nomaden belebt wurde. Die Urbarchmachung begann erst mit Ben Gurions zionistischer Vision, „die Wüste zum Blühen zu bringen“.
Besonders beeindruckend war die personelle Besetzung: Eine junge sehr hübsche Frau, die sich daheim mit dieser Bekleidung nie und nimmer in der Öffentlichkeit zeigen dürfte (Destroyed Jeans und tief dekolletiertes Shirt mit High Heels) und zwei grimmige alte Männer, die so abweisend dreinschauten, dass sie jeden potenziellen Besucher vergraulten.
Immerhin findet man auch den Hinweis auf das in jenem Gebiet schon sehr lange ansässige Judentum. „Dieser strategische Ort, den König David vor 3000 Jahren bestimmte, machte die Stadt zum Herzen des biblischen Israels und des Jüdischen Glaubens. Eine Heilige Stadt für den Christlichen und Islamischen Glauben.“ Na immerhin, alle drei Religionen werden genannt. Das ist mehr, als man oft erwarten darf!
Der Verkaufsstand, weitaus besser ausgestattet als der Informationsteil, widerspiegelt genau das, was im WJL und hier vor allem um Hebron herum produziert wird. Stapelweise steht gut gefertigte typisch blaue Keramikware zum Verkauf, in den Regalen warten sehr schöne Weihnachtskrippen und –Figuren aus Olivenholz geschnitzt und auf Hochglanz poliert darauf, ausgesucht zu werden, daneben liegen die Kufiyot. Sie sind, wie von den Frauen des Arbeitsprojektes in Hebron erklärt, nicht mehr nur in der klassischen Farbe schwarz/weiß gewebt, sondern kommen selbstbewusst in modernen Farben daher. Das Stück um € 15,–, zwei Stück um € 25,–.
Der israelische Pavillon hat seinen Standort in der Nähe des zentralen Platzes gefunden. Wünsche, wer neben wem und wer in keinem Fall neben wem ausstellen wollte, wurde übrigens von den Organisatoren der EXPO nicht angenommen!
Vor dem grauen Himmel über der Expo wirkten die LED Birnchen des Israel Pavillons wie ein Farbexplosion. Jung, dynamisch, frech.
Was Ben Gurion in seiner Vision voraussah, wurde in Israel Wirklichkeit und wird ausgezeichnet dargestellt.
Entlang der Seitenfront bis hinauf zum Dach wurde das Wunder der israelischen Landwirtschaft virtuell nachgebaut: aus dem trockenen Nichts zum fruchtbar gemachten Wüstengebiet. Mais, Weizen, Gras, verschiedene Getreidearten, es gibt nichts, was es nicht gibt. Der Bewuchs des Pavillons ändert sich je nach den klimatischen Bedingungen. Rund um den Pavillon sind weitere Kulturpflanzen angebaut: Paprika, Auberginen, Zuccini. Sie alle wachsen in Israel.
Der Pavillon an sich ist karg wie die Landschaft dieses wunderbaren, kleinen Landes. Doch Israel hat das Karge, das Mühsame nicht angenommen, im Gegenteil, Israel ist lebenslustig, überbordend, fröhlich!
Und genau das zeigt die anschliessende Video-Show. Sie erzählt von den ersten Siedlern, die kamen, um ihren Seelenfrieden zu finden, im Land ihrer Väter. Es wurde ihnen nichts geschenkt. Aus Rechtsanwälten wurden Bauern, aus Notaren Straßenbauer, Ärzte blieben Ärzte, Lehrer blieben Lehrer, Kaufleute wurden Gleisarbeiter, Akademiker mussten umlernen. Ein Land und seine Bürger erfand sich selber neu.
Im Eingangsbereich lädt ein junger Mann zu einem Besuch in Tel Aviv ein und stimmt die Zuschauer damit auf einen Besuch in der quirligen Mittelmeermetropole ein, in der so gar nichts mehr an die Mühen der ersten Einwanderer erinnert. Dank moderner Computertechnologie kann ihm die virtuelle junge Dame, mit der er verabredet ist, sogar ein Glas entgegenstrecken und mit ihm anstoßen. Die beiden nehmen die Besucher mit auf ihre Zeitreise.
Technisch perfekt aufbereitet erlebt der Zuschauer die Wandlung von der mühsamen und nur wenig ertragreichen Landarbeit der ersten Pioniere zu einer blühenden Agrolandschaft. Die grosse Herausforderung war weniger der harte, magere Boden, sondern das in manchen Gebieten, vor allem im Süden des Landes, fehlende Wasser. Eine herkömmliche Bewässerung machte aus zwei Gründen keinen Sinn: Erstes musste das Wasser über weite Strecken herangebracht werden, resp. waren die Anbaumöglichkeit nur dort möglich, wo es Wasser gab. Zweitens verdampfte das Wasser auf den Blättern und richtete dort durch Verbrennungen sogar noch einen zusätzlichen Schaden an.
Es gab Visionäre, Tüftler, und es gab Genies. Sie mussten ihre Ideen nur mehr zusammenführen. Die Idee war, das Wasser genau dosiert und genau dorthin zu bringen, wo es verwertet werden kann: an der Wurzel der Pflanze! Tropfen für Tropfen kommt es dort an, die einzelnen Bewässerungsstränge, die zunächst noch mit Schiebern reguliert werden mussten, arbeiten heute selbstverständlich Computer gesteuert. Fachleute berechnen je nachdem, welche Pflanze angebaut wird, wie hoch der notwendige Verbrauch ist. Wurde am Palästinastand darüber geklagt, dass u. a. eine Überdüngung der Felder durch israelische Siedler die Landwirtschaft im WJL so schwierig macht, wird hier erklärt, wie mithilfe der Bewässerungssysteme auch Dünger in der minimal notwendigen Menge dosiert werden können.
Dieses wassersparende System wird heute weltweit eingesetzt und hilft so, den Bauern in wasserarmen Gebieten erfolgreich ihre Felder bewirtschaften zu können. Leider verweigern arabische Staaten diese Technologie, sie ziehen BDS vor.
Das zweite Problem, mit dem vor allem der Süden Israels zu kämpfen hatte, war der hohe Salzgehalt des zur Verfügung stehenden Grundwassers. Auch hier wurde eine umweltfreundliche Lösung gefunden. Das Wasser wird vor Ort entsprechend der jeweiligen Pflanze aufbereitet, sprich verdünnt. Ein Salzgehalt von 4% hat sich für Olivenbäume als optimal erwiesen. 100 Liter Wasser benötigt ein Baum pro Tag. Der Erfolg gibt den Forschern recht: Das Olivenöl ist von der Qualität her deutlich besser, als das von Bäumen, die mit reinem Süßwasser bewässert wurden.
Seit 90 Jahren werden im Negev bereits entsprechende Versuche gemacht, systematisiert wurden sie von den Forschern der Ben Gurion Universität in Beer Sheva. Seit es gelungen ist, eine umweltverträgliche Lösung zu finden, spart man viel Geld. Es ist wesentlich preiswerter, Wasser aus Tiefen von bis zu 100 m hochzupumpen, als es mit Pipelines von weit her zu transportieren.
Andere Pflanzen, wie Tomaten, Zucchetti, Auberginen, Melonen, aber auch Früchte wie Papayas und Mango vertragen sogar salzhaltigeres Wasser. Bei diesen Pflanzen kommt wieder die Tröpfchen-Bewässerung zum Einsatz. Je nach Zusammensetzung des Erdreiches versickert eine recht große Menge des Wassers durch feine Kapillargefässe tief ins Erdreich, und die Salzkruste, der Feind der Wurzeln, beginnt sich erst unterhalb der Wurzeln zu bilden.
Ben Gurions Vision ist Wahrheit geworden, ein Traum hat sich verwirklicht. Und mehr als das, durch den übergrossen Willen der ersten Pioniere, sich IHR Land zu Eigen zu machen, wurden scheinbar unüberwindbare Grenzen beseitigt.
Israelische Technologie ist heute aus der Landwirtschaft in trockenen und halbtrockenen Gebieten nicht mehr wegzudenken. Sie steht der gesamten Welt zur Verfügung.
Produkte des Landes konnte man sich im Kiosk im anschliessenden Garten zusammenstellen lassen, nett verpackt in einem Picknickkorb. Für jeden Geschmack war etwas dabei: frisches Gemüse zu typisch israelischem Salat verarbeitet oder roh genossen, Humus und Tehina, Falaffel, Fruchtsäfte, Obstsalat, Pita Brot mit Olivenöl. Umgeben von kleinen Lehrbeeten, in denen man sowohl die Pflanzen, also auch, deren Bewässerung sehen könnte, geriet das „Picknick im Grünen“ zu einem Miniurlaub wie daheim.
Ein weiterer Staat, der um Imagepflege sehr erfolgreich bemüht war, ist die Islamische Republik Iran.
Der luftige, helle Pavillon zeigt sich ohne Schnick-Schnack. Umwerfend und fast ein wenig einlullend sind die Gerüche, die Tausenden von Gewürz- und Nutzpflanzen entströmten, die, sorgsam auf diese Präsentation hin gezüchtet, in voller Blüte und Reife standen. Jeweils vor den Beeten sind liebevolle Displays installiert, auf denen das „küchenfertige“ Gewürz, sowie seine Nutzung erklärt wurden. Die leicht gerösteten Pistazien haben mit den Pistazien, die es üblicherweise in Lebensmittelgeschäften gibt, nichts mehr gemein, als den Namen! Es waren die appetitlichsten Pistazien, die ich je gesehen habe!
An der zum Cardo hin offenen Seite stehen die Büsten der altehrwürdigen persischen Dichter und Denker geschart um den Vater der neupersischen Sprache Abu Abdullāh Dscha’far-e Rudaki. Dass Persien ein streng muslimisches Land ist, und Frauen in der Öffentlichkeit (derzeit) keine Bedeutung haben muss man sich bewusst machen, wenn man realisiert, dass Zain al-‚Arab, die erste sehr bedeutende Dichterin hier nicht dargestellt wird.
Der Boden der Ausstellung besteht aus kleinen Mosaiksteinen, unter dem Weg, auf dem man die Halle durchlaufen kann, „fliesst“ ein virtueller unterirdischer Fluss mit munteren, ebenso virtuellen Goldfischen. Hier wurde die Verbindung zur Bewässerung der Wüstengebiete hergestellt, die durch Qanats gesichert wird. Qanats werden von einem Mutterbrunnen gespeist und bringen das Wasser durch ein ausgeklügeltes System zu den Feldern und in kleine Orte. Sie bestehen teilweise seit Jahrhunderten und mehr als 2000 Jahren.
Entlang der gesamten Pavillonwand ist ein Riesenbildschirm installiert, auf dem Bilder und Szenen eines ganz anderen Persiens gezeigt werden, das sich uns im Westen so nie zeigt. Da ist Teheran, die lebensfroh dargestellte Hauptstadt, voll prächtiger Farben und lebendig, da gibt es die Störe am Kaspischen Meer, die der kulinarischen Welt den wahrscheinlich besten, bestimmt aber teuersten Kaviar liefern. Da wird der Granatapfel so echt gezeigt, dass man ihn am liebsten gleich öffnen und die süßen und doch auch herb-bitteren Kerne verspeisen möchte. Immer sind Menschen dabei zu sehen, denen ihr Glück deutlich anzusehen ist.
Die Decke ist bestückt mit Tausenden von kleinen Glasprismen. Je nachdem, welcher Farbton gerade auf der Leinwand vorherrscht, reflektieren sie Prismen diesen und tauchen den großen Saal in ein nahezu mystisches Licht.
Die Architekten dieses Pavillons haben mit den Symbolen des alten Persiens gezielt gespielt. Die Gerüche, die Farben, das Umsetzen von mehreren Eindrücken in ein Gesamtwerk, vermitteln die Vorstellung, dass gleich Scheherazade auftauchen und ein weiteres Märchen erzählen könnte.
Zumindest für die kurze Zeit dieses Besuches im Iran ist man geneigt zu vergessen, dass möglicherweise zeitgleich dort wieder Unschuldige auf’s Grausamste ermordet werden. Dass der Iran nicht der Staat ist, als den er sich hier mit Erfolg versucht zu präsentieren: als moderner, liberaler Staat, dem nichts mehr am Herzen liegt, als das Wohl seiner Bürger und Ethnien.
© esther scheiner, Israel