Die politische Muppet Show………. Eine Regierung wird geboren!

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In einem meiner früheren (Arbeits)leben  habe ich manchmal eine Gruppe von Kollegen als „Muppet Show“ bezeichnet,  die  durchaus kabalierend die regelmäßig stattfindenden Betriebsvollversammlungen zu unterhalten wussten.  Unterhalten nicht  wirklich im positiven Wortsinn, sondern, indem sie Chamäleon artig ihre Ränke und Allianzen schmiedeten und ebenso schnell wieder verwarfen. Was ihre wirklichen Ab- und Ansichten waren, man konnte es nicht wissen, was aber nicht weiter tragisch war, weil sie am kommenden Tag zumeist schon keinerlei nachhaltige Bedeutung mehr hatten.  Aber eben doch spitz wie Nadelstiche waren und für Unruhe sorgten.
Was die “ Leider-noch-nicht-Regierung“ bei uns derzeit bietet, weist durchaus ähnlich Züge auf!
Um es noch einmal in Erinnerung zu bringen, die Wahlen vom 22. Januar brachten folgendes Ergebnis:
Likud-Beytenu                 31   (Likud 20/ Israel Beytenu 11)
Yesh Atid                            19
Labour                                 15
Bayit Jehudi                       12
Shas                                      11
United Tora Judaism      7
Merez                                  6
Hanuta                                6
United Arab League       4
Chadash                              4
Balad                                    3
Kadima                                2
Abgeordnete total      120
 
In der 18. Knesset gab es 28 Minister,  davon drei ohne Portfolio (ich nenne so was „Freunderlwirtschaft“) insgesamt gab es 33 Ministerien. Unglaublich, wenn man sich die Kleinheit des Landes und die daraus resultierende reduzierten zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen  anschaut!
 
Ein Wahlversprechen von Yair Lapid war es, die Zahl der Ministerien  auf 20 zu beschneiden. Darf man den Medien trauen, könnte es einen Kompromiss geben, der bei 23 steht.  Welche Summe Lapid damit konkret für die israelischen Steuerzahler einspart,  entzieht sich meiner Kenntnis, aber es dürfte doch eine erkleckliche Summe sein.
 
Am Donnerstag, 07.03. ist möglicherweise der vorläufige Durchbruch bei den bisher erwartungsgemäß mühsamen Koalitionsgesprächen erreicht worden. In letzter Sekunde.  Nachdem es bisher PM Netanjahu nicht gelungen ist, eine Koalition zu formen, musste er am vergangenen Sonntag bei Präsident Peres um eine Verlängerung um zwei Wochen ansuchen. Nachdem in Israel Koalitionsbildungen noch nie einfach waren, wurde ihm dieser Aufschub gewährt. Aber nun läuft die Zeit.
 
Am vergangenen Mittwoch (06.03.),  sah es noch ganz und gar anders aus.
 
Zunächst einmal die Frage aller Fragen: darf Netanyahu den Platzhalter für Liebermann geben, was dessen Ministerstuhl als Außenminister angeht? Als Liebermann knapp vor der Wahl von dieser Funktion zurücktrat, weil er unter Anklage wegen Finanzdelikten steht,  war das sicher als zeitlich begrenzte Zwischenlösung ok, aber jetzt? Nun befand der Generalstaatsanwalt Yehuda Weinstein,  dass dies völlig legal ist. Hm, im Sinne von „die Unschuldsvermutung gilt, solange die Schuld nicht bewiesen ist“, mag das gut sein, aber, ohne einer zukünftigen Regierung in die Suppe zu spucken: wie hoch sind die Chancen, seine  100%ige Unschuld in den gegen ihn erhobene Vorwürfen zu belegen?  Und selbst, wenn dieser Weisswaschungsprozess gelänge, bis es soweit ist, steht, so hoffe ich, unsere neue Regierung schon und hat schon lange ihre Arbeit aufgenommen.  Und dann kommt irgendwann der große Knall: schuldig im Sinne der Anklage und schwupps, muss ein neuer Außenminister her.  Denn eines ist, in meinen Augen ganz und gar unmöglich: ein PM, der auch seine eigener Außenminister ist! Am liebsten sähe ich einen Vollblutdiplomaten in diesem wichtigen Ressort.
 
Aber das ist natürlich nicht der einzige Stein des Anstoßes!
 
Unser noch amtierender PM war, sozusagen als Wahlzuckerl, sehr großzügig mit der Zusicherung von Ressorts. Doch nun steht er vor dem Problem, dass er das eine oder andere Versprechen nicht wird einhalten könne.
 
Selbst mir, als mathematischem Antigenie, ist es  klar, dass bei einem annähernd gleich hohen Abgeordnetenanteil die Vergabe der Ministerposten, ebenso wie die „Wertigkeit der Ministerien“ vergleichbar sein sollte.
 
Ich gehe mal von der derzeit favorisierten Regierung, bestehend aus:
 
Likud (20)…………………………………………. Netanyahu
Yesh Atid (19)…………………………………… Lapid
Bayit Jehudi (12)……………………………… Benett
Israel Beytenu (11)…………………………..Liebermann
Hanuta (6) ……………………………………….Livni
 
Diese Koalition könnte über komfortable  68 von 120 Abgeordneten verfügen.
 
Wünschenswert wäre eine prozentuell korrekte Zuordnung der Ministerien. Bei einer Koalition, wie oben angedacht heißt das (bezogen auf 23 Ministerien)
 
Likud                                    29,41 %                                7 Minister
Yeshh Atid                         27,94 %                                6 Minister
Bayit Jehudi                       17,65 %                                4 Minister
Israel Beytenu                  16,18 %                                4 Minister
Hanuta                                8,82 %                                 2 Minister
 
 Tzipi Livni hat den Koalitionsvertrag bereits unterschrieben, somit verfügt der noch amtierende PM derzeit über 37 sichere Koalitionspartner.  Livni wird in der nächsten Knesset als  Justizministerin arbeiten  und auch den Vorsitz bei den  – hoffentlich bald wieder aufgenommenen – Friedensverhandlungen führen. Wobei ihre nicht ganz unumstrittene Rolle beim Rückzug aus Gaza sicher noch lange in den Köpfen mitlaufen wird.
 
Lapid hat ein Auge auf das Außenministerium geworfen, welches, aber  wie gesagt derzeit noch für Lieberman reserviert ist.  Hingegen  wurde ihm das Finanzministerium angeboten, was von ihm, zu Zeiten der Budgetkürzungen,  als politische Falle angesehen wird.
 
Ob sich Benettfür das Finanzministerium erwärmen kann, oder nicht, bleibt weiterhin sein Geheimnis.
 
Somit scheint nur Eines klar zu sein:  zu diesem Zeitpunkt ist noch nichts klar.
 
Derzeit scheinen sämtliche altgedienten Abgeordneten und Minister unzufrieden zu sein: am Ende der letzten Legislaturperiode hat Netanyahu noch großzügige Wahlversprechen verteilt,  neben dem Erhalt des alten Status hat er teilweise sogar von Aufwertungen einzelner Portfolios gesprochen.  In den Augen seiner eigenen Leute steht er nun ganz und gar nicht gut dar.
 
Besonders hart hat es wohl die Vertreter der Ultrareligiösen getroffen. Während sie in der vergangenen Woche noch jammerten, nun wie alle anderen Parteien innerhalb der Knesset behandelt zu werden, nahm sie Aviad Kleinberg von YNet gehörig „auf die Schippe“. Zusammengefasst wirft er ihnen vor, auf der einen Seite Frauen zu desavouieren, die in, entsprechend ihren kleinkarierten Vorstellungen, „ungebührlicher“ Kleidung ihre „Stimme in der Öffentlichkeit erheben“ und auf der anderen Seite in der Knesset im selben Raum wie sie zu sitzen und ihnen zuzuhören.  Für dieses seltsame Pharisäertum gibt es nur einen Grund: Geld!
 
Bin ich zu optimistisch, wenn ich in der 19. Knesset keine religiösen Parteien mehr sehe??? Immerhin scheint sich Shas heute in die Opposition verabschiedet zu haben. Die Labour Chefin scheint sich – dafür zolle ich ihr vollen Respekt  – nicht „kaufen“ zu lassen.
 
Es könnte heute, Sonntag 10.03.,  noch spannend werden, während ich dies schreibe, treffen sich  Netanyahu, Lapid und Bennett, es wird wohl eine Marathonnacht werden…… um sich um Mitternacht wieder getrennt zu haben, ohne auch nur ein klitzekleines Resultat erreicht zu haben. Im Gegenteil, diesmal scheint sich die Verhandlungsgruppe eher rückwärts bewegt zu haben.
 
Wie könnte es weitergehen?
 
Am kommenden Samstagabend,  mit Beginn der neuen Arbeitswoche läuft die Verlängerungszeit für die Koalitionsverhandlungen ab.  Gibt es bis dahin keine Regierung, kann Präsident Peres  erneut jemanden mit der Regierungsbildung beauftragen. In der Regel fällt dieser Auftrag dem Vorsitzenden der zweitgrößten Partei zu.  Oder er kann sich auch entscheiden, gleich Neuwahlen  zu fordern.
 
Und dann?  Neues Spiel, neues Glück, oder ein bisschen wie bei Monopoly: Gehen Sie zurück auf Start……
 


2 Kommentare

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2 Antworten zu “Die politische Muppet Show………. Eine Regierung wird geboren!

  1. Eines ist auf alle Fälle klar: Es bleibt spannend!
    LG

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  2. Daniel

    Vielleicht sollte es die israelische Regierung wie der Vatikan machen: Konklave, bis eine Entscheidung getroffen ist. Das würde Schwung in die ganze Sache bringen 😉

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